Die Utopie einer Renaissance (Humanismus)

Als Renaissance („Wiedergeburt“) wird die europäische Kulturepoche in der Zeit des Umbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit im 15. und 16. Jahrhundert benannt. Das theozentrische Weltbild, (religiös geprägte Weltanschauung, die Gott oder eine oder mehrere Gottheiten im geistigen Zentrum der Welt sieht) des Mittelalters wurde abgelöst durch eine stärker anthropozentrische Sicht der Dinge. (Anthropozentrisch heißt, der Mensch versteht sich selbst als den Mittelpunkt der weltlichen Realität).

Die Analogie der gesellschaftlichen Zustände des 15./16. Jahrhunderts mit denen des 21. Jahrhunderts ist doch offensichtlich. Ersetzt man im theozentrischen Weltbild den Begriff Gott mit den Begriffen Kapital, Konsum – also eine bußfertige, angstvolle Frömmelei durch die eines exzessiven Konsums der Produkte einer egozentrischen Wirtschaft, die den Menschen glauben macht, dass Konsum gleich Glück bedeute, so steht die Menschheit doch vor dem gleichen Dilemma wie vor 600 Jahren. Die Wertigkeit seiner Existenz ist der Bewertung einer beutegieriger Meute von üblen Profiteuren ausgesetzt. Heute so wie damals steht er nicht mehr im Zentrum seiner weltlichen Realität, nur in Verbindung mit wirtschaftlicher Präsenz, der Teilnahme am Konsumdiktat der Wirtschaft, definiert sich sein Wert. Worin besteht nun der substanzielle Unterschied zur Ausgangsituation Ende des „dunklen Mittelalters“ zur heutigen Position menschlicher Wertigkeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts?

Stellt sich nur die Frage, ob die Menschheit über das moralisch und charakterliche Potenzial verfügt, die eine Renaissance zum Humanismus erfordern würde. Es scheinen doch erhebliche Zweifel angebracht, der Mensch ist, was er ist – Mensch.

Klaus Schneider August 2017