Zeitgeschehen – Eindrücke zu Beginn des 21. Jahrhunderts

 

Ungebundene und stetige Entwicklung ist die existenzielle Bedingung der Evolution. Die Tendenz der Evolution, wie jede andere Entwicklung ist moralisch bedingungslos, auch die menschliche Vernunft spielt hier keine regelnde Rolle. Welche Vernunft, welche Moral könnte überhaupt normgebenden Einfluss beanspruchen? Der Vielfalt von dogmatischen oder wechselwarmen Ideologien, soliden und stimmungsbedingten Meinungen und den, daraus abgeleiteten widersprechenden Begründungen einer jeweiligen Vernunft, ist wohl keine allgemein verbindliche Norm zu entnehmen.
Und doch gibt es ein, der Menschheit gegebenes Element, das die Tendenz von Entwicklungen steuert, oder zumindest manipuliert. Dieses Element ist die Macht, gleich welcher Form, die den Gang der Dinge im jeweiligen hier und jetzt beherrscht, lenkt und gestaltet. Macht gestaltet Entwicklungen nach ihrer Vernunft d.h. zu ihrem Nutzen, zu ihrem Erhalt. Macht ist ein weitreichender Begriff, darunter fällt alles das, was über die Mittel verfügt, ihre Vorstellungen und Ansichten, in der unter ihrem Einfluss stehenden, in ihrer Existenz abhängigen Menschen, durchzusetzen.

Ist unter diesem Aspekt, nicht alles, was an vermeintlich absonderlichem, unlogischem, unmoralischem und unmenschlichem zu beobachten ist, nur eine individuelle Interpretation derjenigen, welche zu jeweiligem Zeitpunkt nicht von den bestimmenden Machtverhältnissen partizipieren oder ihrem Weltbild entspricht?
Ist damit auch das sogenannte Prinzip der Vernunft, bezogen auf den kategorischen Imperativ, der unbedingte Allgemeingültigkeit des Existenzrechtes für alle Menschen fordert, inzwischen ein wechselwarmer Begriff, so wie Anstand antiquiert und entbehrlich. Steht Moral in diesem Konsens zu jeder gefälligen Interpretation derjenigen offen, die über die Macht verfügen, dies zu tun?

So bedrückend es sich auch anfühlt, dem ist wohl heute so, so wie es immer schon war. Bestehende Machtverhältnisse, ob aus Mehrheiten oder über Repression, bestimmten und bestimmen zum Zeitpunkt ihrer Existenz den Gang der Dinge. Die Menschheit hat sich damit arrangiert, sie bilden Oppositionen, wo es möglich ist oder sie ertragen es fatalistisch, als logische oder schicksalsbedingte Notwendigkeit.

Doch Macht ist ein labiler, periodischer Zustand, dies gilt auch für jede positive, gedeihliche Entwicklung von menschlichen Populationen. Macht und positive Entwicklungen stellen sich immer nur temporär für das Segment der Existierenden ein, das zum Zeitpunkt X über das höchste Entwicklungspotential, bzw. die größte Macht verfügt. Die Dynamik einer partiell positiven Entwicklung setzt mangelndes Potenzial des Konkurrierenden voraus. Diese essenzielle Voraussetzung ist jedoch labil und jederzeit umkehrbar. Das hohe Potenzial des Einen fließt bei nachlassender Dynamik, in das geringere Potenzial des Anderen, das damit zunehmend an Dynamik gewinnt und zum gleichwertigen Konkurrenten mit denselben Macht- und Interpretationsansprüchen über Moral, Vernunft und Anstand mutiert.

Konkurrierende Machtgefüge sind, bei widersprüchlicher Ideologie und differierender, wirtschaftlicher Potenz, sehr anfällig für Konflikte. Schattenkriege sind die Regel, Stellvertreterkriege um wirtschaftlichen und politischen Einfluss die Regel und direkte bewaffnete Konflikte jederzeit möglich.

So ist das, was sich aktuell an vermeintlich destruktiven Entwicklungen, international, national, gesellschaftlich, abzeichnet, kein Novum, es entspricht lediglich den Bedingungen der Evolution, der stetigen Entwicklung, bislang zum Erhalt der Spezies. Alles Leben, alle Entwicklung steht zu jedem Zeitpunkt zur Disposition. Bitter, erschreckend, aber doch eine vertraute Tatsache.

Klaus Schneider August 2025

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