Anstand – Indiz für die Qualität einer Gesellschaft

Anstand wird als ein selbstverständlich empfundener Maßstab für den Anspruch und die Erwartung an ein verträgliches soziales Verhalten bezeichnet. Anstand bestimmt die Umgangsformen, das Miteinander, die Lebensart und damit die Qualität einer Gesellschaft.
Umgangsformen gestalten die soziale Interaktion innerhalb der Gesellschaft. Während sogenannte „gute Umgangsformen“ als selbstverständlich vorausgesetzt und meist kommentarlos positiv bewertet werden, erregen negative Verhaltensformen (Angeberei, unhöfliches Verhalten, Pöbeleien in verbaler und nonverbaler Form usw.) den Missmut der Betroffenen. Die soziale Interaktion gestaltet das menschliche Miteinander, das gegenseitige Handeln (oder Beeinflussen) von Personen (oder Gruppen), also das Geschehen zwischen Menschen, die aufeinander reagieren, miteinander umgehen, einander beeinflussen, also miteinander leben müssen.
Anstand ist ganz sicher kein Auslaufmodell aus historischen Zeiten. Anstand ist topaktuell, denn er legt die Form, das Niveau des Miteinander fest und bestimmt damit die Lebensqualität eines jedes Menschen. Anstand ist vor allem Respekt – Respekt vor der Würde des Anderen. Diese Würde, die jeder vehement für sich in Anspruch nimmt, mit gutem Recht, ist aber universell, der Andere besitzt den gleichen Anspruch auf Respekt, auf die Unverletzlichkeit seiner Würde. Dies gilt ohne Unterscheidung gesellschaftlicher oder familiärer Stellung, Rang und Namen von Personen. Anstand und Respekt sind ein Naturrecht, dieser Anspruch ist unveräußerlich. Menschen mit Charakter und Niveau, gleich welcher Abstammung und Herkunft, wissen und leben das, es ist ein Teil ihres Wesens. Die Anderen, mögen sie sich noch so cool finden,bilden lediglich den trüben Bodensatz einer Gesellschaft, Sozialschmarotzer – im reinsten Sinn dieser abgedroschenen Phrase – sie profitieren vom Anstand, dem positiven Wirken der Anderen auf und in der Gesellschaft.

Nachsatz- Zitat
Adolph Friedrich Ludwig Freiherr von Knigge (1752–1796)
Schreibe nicht auf Deine Rechnung das, wovon andern das Verdienst gebührt! Wenn man Dir, aus Achtung gegen einen edlen Mann, dem Du angehörst, Vorzug oder Höflichkeit beweist, so brüste Dich damit nicht, sondern sei bescheiden genug zu fühlen, dass dies alles vielleicht wegfallen würde, wenn Du einzeln aufträtest! Suche aber selbst zu verdienen, dass man Dich um deinetwillen ehre! Sei lieber das kleinste Lämpchen, das einen dunklen Winkel mit eigenem Lichte erleuchtet als ein großer Mond einer fremden Sonne oder gar Trabant eines Planeten!

Klaus Schneider Mai 2017

Freude schöner Götterfunke

Was für eine angenehme Freude wäre es, hielten die Oberlehrer aus „Allemagne“ wenigstens einmal die Klappe. Doch kaum löste sich die Beklemmungen eines möglichen „europäischen Zerfalls“ mit dem Ausgang der französischen Präsidentschaftswahlen, die europäische Idee schien außer Gefahr, mussten schon die ersten Pappnasen rechts des Rheins ihre entbehrlichen Kommentare zum Besten geben. „Jetzt muss er liefern, der Neue, seine Hausaufgaben machen, umgehend, zeitnah die notwendigen Reformen umsetzen usw.“ Es wäre so angenehm in dieser Zeit, wenn die instinktlosen Dummschwätzer einmal, wenigsten ein bis zwei Tage lang, die Fresse halten könnten.
Freut Euch einfach, die Nachbarn hätten sich auch anders entscheiden können, und dann? Wäre Deutschland in derselben wirtschaftlichen und analog gesellschaftspolitischen Misere, würde dann eine breite Mehrheit aus Mautbefürworter, Grenzen – Dichtmacher, völkischer Renaissance Eiferer, die europäische Idee so nachdrücklich unterstützen?

Zumindest sind hier Zweifel angebracht. Dieses Land mag wirtschaftlich eine respektable Leistung abliefern, von normativen politischen Vorgaben in Europa sollten die Dilettanten in Berlin und den Provinzhauptstädten die Finger lassen. Sie überschätzen ihre Kompetenz, es fehlt ihnen einfach jede moralische und intellektuelle Legitimität, die die Funktion eines Mentors per se voraussetzt. Was bliebe, wäre die sichtbare, peinliche Arroganz. Arroganz gegenüber Menschen, die Politik aus Liebe zu ihren traditionellen, demokratischen Werten und mit Enthusiasmus betreiben und nicht lediglich mit wirtschaftlichem Kalkül oder nationalen Spinnereien.

Das Lied der Deutschen verfasst zu Zeiten endloser deutsch- französischer „Disharmonie“. Bis heute ist die 1. Strophe eine „Herzensangelegenheit“ volksdümmlicher, sinn und nutzloser Ideologie:

Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt,

Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält,
Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt –
Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt!

Klaus Schneider Mai 2017

 

Warum Brexit, warum Trump und bitte nicht auch noch Frankreich

 

Bis dato alles legitime, demokratische Entscheidungen. Ob diese nun in das innen- wie außenpolitische Kalkül europäischer Visionen passt oder nicht, ist letztendlich den Grundsätzen demokratischer Entscheidungsfindung unterzuordnen, ohne Wenn und Aber. Nicht das Wahlvolk trägt die ausschließliche Verantwortung für sein Votum, die Verantwortung trägt das politische Establishment, dem die Kommunikation mit den Menschen zunehmend lästig zu sein scheint. Diese politische Clique, intriganter Opportunisten, werden auch kaum in der Lage sein, die Winkelzüge ihrer wirtschafts- und kapitalorientierten Klientelpolitik so darzustellen, dass sie auf breite Zustimmung stoßen würde.
Eine sozial unverträgliche Politik wird aber letzten Endes, sollen auch noch ein paar Wahlperioden vergehen, die kontinuierlich wachsende Zahl der Verlierer solch kurzsichtiger Kumpanei, in die Arme populistischer Eierdiebe treiben.
Doch wer will es diesen Menschen verdenken, sie verfolgen nur ein berechtigtes Eigeninteresse und wollen lediglich von dem sichtbaren Wohlstand der Anderen etwas abhaben. Die Gesellschaft wird sich dann damit trösten müssen, dass sich diese Menschen mit demokratisch legetimen Mittel wehren und nicht mit Anarchie. Nur die Konsequenz könnte sich ebenso bitter auswirken, nicht nur national, denn schuldig an einer Misere sind zu allererst immer die Anderen, sondiert von außen nach innen.

Klaus Schneider Mai 2017