Die Gesamtheit der seelischen Empfindungen und der daraus möglichen Inspirationen und Fantasien definiert die psychische Disposition eines Menschen und per se, seine individuelle geistige Substanz. Diese steht in direkter Abhängigkeit mit dem Arrangement, das der Mensch mit den, sein Leben bestimmenden Umständen, getroffen hat. „Kein Mensch muss müssen“, sagt der Jude Nathan in Lessings Gedicht. Doch das Leben ist voller Zwänge, deren Akzeptanz das virtuelle Gedeihen einer Existenz protegieren. Das heißt dann oft aber auch, den eigenen Willen, die Würde, die geistige Kompetenz mit Bewusstsein vernünftig zu handeln, zu kompromittieren und sich so selbst seiner individuellen Würde zu berauben. Die Resignation des eigenen Willens vor einem, vermeintlich existenziell unabdingbarem Verhaltenskodex, substanzloser, trivialer, materieller Art, ohne ethische Substanz, ist eine charakterliche Bankrotterklärung. Diese ist weit schlimmer und tief greifender als ein materieller Ruin es je sein kann. Was stellt ein Mensch dar, den lediglich ein gefälliger Schein auszeichnet – eine würdelose Kreatur ohne Stolz und eigenen Wert. Da nützt alle Schönrederei, alle gefällige Interpretation nichts, denn nicht die Hülle, sondern das Innere definiert den Wert eines jeden menschlichen Wesens, erhebt oder erniedrigt es bis zur Belanglosigkeit.
Klaus Schneider Februar 2020

Antisemitismus zeigt eine der dümmsten Entgleisungen des menschlichen Intellekts auf. Während für andere rassistische Ressentiments wenigstens noch optisch sichtbare Verschiedenheiten zu ansonsten geist- und haltlosen Begründungen, assistieren können, sind Menschen jüdischen Glaubens, weder sichtbar, noch an einer individuellen Verschiedenheit zu identifizieren. Sie sind da, sind Mitglieder der Gesellschaft, nicht mehr und nicht weniger und das schon seit Hunderten von Jahren. Mit dem gleichen Anspruch auf ein unantastbares Recht ihrer Existenz wie jedes andere Mitglied dieser Gesellschaft – ohne Wenn und Aber – ist dieser archaische Antisemitismus noch so tief in der Gesellschaft verwurzelt.
Der Zeitpunkt beginnender Emanzipation gegen Religions- und analog Glaubensdiktate fällt, vor allem in den Industrienationen, in eine Phase eines allgemeinen, wirtschaftlichen Wohlstandes breiter Bevölkerungsschichten. Unter dieser Konstellation fand und findet, sukzessiv lediglich ein Götzenwechsel statt.
Gibt es eine reale Hoffnung auf eine umfassende Besinnung der Menschheit? Die in Konsequenz eine vernunft- und damit zukunftsorientierte Gestaltung ihrer Existenz einfordert? Ein Paradigmenwechsel gegen den mächtigen Trieb der inhärenten Selbsterhaltung auf hohem Niveau. Ein Paradigmenwechsel, der eine vermutlich massive Reduktion des Lebensstandards nach sich ziehen und die Selbsterhaltung wieder zu einem Problem machen könnte?
Parasiten- oder auch Schmarotzerbefall bezeichnet den Ressourcenerwerb eines Lebewesens durch die Ausbeutung eines meist größeren Organismus einer anderen Art. Der als Wirt bezeichnete Organismus wird dabei vom Parasit geschädigt, kann aber in der Regel seine Existenz erhalten.
Ganz anders sieht es bei der „vernunftbegabten Krone der Schöpfung“ dem Menschen aus. Seine Selbsterhaltung versteht sich als ein biologisches Prinzip, das es ihm, wie den anderen Tieren, aufgrund angeborener Verhaltensweisen, usw. ermöglicht, sich als Einzelwesen, Gruppe und Art am Leben zu erhalten. Die Priorität dieses Prinzip ist aber primär nur auf die Zeit bezogen, in der das „Tier“ existiert. Eine Einbeziehung nachfolgenden Lebens ist in diesem biologischen Prinzip der Selbsterhaltung nicht dringlich vorgesehen, da die Selbsterhaltung mit dem Tod des Lebewesens endet.