Maut für Ausländer oder kleinkarierter
Provinzdünkel
Ein dummes, unbesonnenes Wahlversprechen der CSU aus dem Jahr 2013 an die rechte Klientel ihrer Urnengänger. Wahlkampf unter völliger Missachtung marginal vorhandenen Resten von Sinn und Verstand. Eine Praktik, tief verwurzelt in den Analen politischer Parteien, die seit jeher mit Vorliebe im intellektuellen Trübsinn fischen, die das Gewissen weißblauer Provinzpolitikern nicht über Gebühr belasten dürfte. Bierzeltdemagogen einer Partei, die fast 30 Jahre nach dem Ableben ihres Übervaters, sich weiter unverdrossen in dessen geistigem Erbe suhlen. „Dem Volk aufs Maul schauen“ analog bedeutet das nicht weniger wie „dem Volk nach dem Maul reden und handeln“. Eine Bauernfängerei der Populisten dieser Welt und so unverschämt erfolgreich.
Zieht man die nüchternen Fakten dagegen ins Kalkül so stellt sich die Frage: wer braucht in diesem Land eine Maut für durchreisende Ausländer, die sich größtenteils aus Bürger der Europäischen Union zusammensetzen dürften? Verärgerte bayrische Pendler oder Kurzurlauber die in Österreich, Italien, sich die Kosten ihrer Pickerl, Vignetten und Bons zusammenrechnen und die Verursacher selbiger deftig verfluchen. Spielen da etwa schäbige Vergeltungs- oder Rachegedanken eine kleinkarierte, beschämende Rolle?
Solche Unterstellungen werden empört zurückgewiesen. Die Befürworter argumentieren mit dem Einwand der Gerechtigkeit für alle. Ein unüberlegter Einwand, denn würde dieser konsequent interpretiert fände der Disput hier ein Ende. Ja, wir führen eine Autobahnmaut ein, eine Maut für alle, so wie unsere Nachbarn als Vollzahler in das jeweilige Mautsystem eingebunden sind, so werden auch wir als Vollzahler eingebunden. Das ist gerecht und konform mit europäischem Recht. Ende der Diskussion. Nein das wollen sie auch nicht, also doch ein kaschierter Stimmenfang beim bildungsfernen rechtslastigem Wahlvolk. Ist diese Klientel ein Diktat, der stärksten Wirtschaftsmacht der EU auf Biegen und Brechen wert?
Ökonomisch liegt keine rationale Erklärung vor, warum ein immenser Bürokratie-Aufwand in Gang gesetzt werden soll, einschließlich Erhebung und Rückerstattung der Maut für Inländer, um am Ende ein Aufkommen zu generieren, das die halbe Milliarde Euro nicht nennenswert überschreiten wird, wenn dieser Betrag überhaupt erreicht wird. Zweifel kommen aus allen Ecken, auch der Bundesrechnungshof sieht die Kosten- Nutzenrechnung der Mauterhebung kritisch. Die Einnahmeprognosen sind mit erheblichen Risiken verbunden, der Aufwand für die Administration der Mauterhebung liegt in einem zum Erlös kritischen Bereich.
Nun hat der politische Dilettantismus der bayrischen „Mautler“ die ganze Republik in eine Zwickmühle gebracht. Zur Stützung des großspurigen Versprechens, dass deutsche Autofahrer nicht zusätzlich zur Kasse gebeten würden, wurde dem Vorhaben eine Kfz-Steuerreform vorgestellt, die Mindereinnahmen von rund 3,7 Milliarden Euro generiert. Kippt die Maut letztendlich durch den Europäischen Gerichtshof… eine teure Blamage! Wo und wie bringt dann die menschgewordene schwarze Null diesen Betrag wieder in den Bundeshaushalt? Noch verneinen die Initiatoren dieses dämlichen Vorhabens die Option, aus der Maut für Ausländer eine Maut für alle zu machen, die auch deutsche Autofahrer zusätzlich belastet, doch wie heißt es so treffend: „In der Not frisst der Teufel auch Fliegen“. „Zum größten Profiteur dieses fragwürdigen Vorhabens, sollte es denn je realisiert werden, wird die CSU. Sie zeigt, wie man mit reiner Symbolpolitik europäisches Recht beugt. Zum größten Verlierer werden auf lange Sicht die Autofahrer in Deutschland. Denn ist eine Maut, eine Abgabe (sh. Soli) einmal installiert, wird der ewig klamme Gesetzgeber diese Einnahmequelle kaum versiegen lassen. Das Versprechen, niemanden stärker zu belasten als vorher, eine Phrase die sich nicht lange halten wird.“
Eine alles in allem, schon bei nationaler Betrachtungsweise, anrüchige Absicht, eine verheerende aus europäischer Sicht. Unsere Nachbarn verbünden sich in der Ablehnung gegen die geplante Pkw-Maut und schmieden bereits eine Allianz. Das ist genau das, was wir in einem krisengeschüttelten Europa noch brauchen. Neben Brexit, Wilders, Marie Le Penn, Orban und sonstigen Brandstiftern noch die bayrische CSU. Es sollte auch nach siebzig Jahren friedlicher Koexistenz der Europäischen Staaten noch ein Rest Erinnerung an die Vergangenheit verblieben sein. Auch die einfältigsten Denkstrukturen, meine Damen und Herren Repräsentanten- und innen volks(d)tümmlicher Ideologien, sollten dazu imstande sein. Die europäische Idee ist das Beste was in den Köpfen dieser Völker je gedieh, Nationalstolz das Dümmste und Verderblichste mit Millionen von Toten und unsäglichem Leid. Es gibt bestimmt viele Dinge, die in dieser Europäischen Union nicht zum Besten stehen, die einer Konfrontation unterschiedlicher Standpunkte wert sind. Die es wert sind im Sinne des Bestandes und der Zukunft dieser Union und ihrer Menschen, dazu gehört aber sicher nicht eine Maut oder Infrastrukturabgabe für ein nationales Straßennetz und schon gar nicht für das des reichsten Mitgliedes und größten wirtschaftlichen Profiteurs dieser Union.
(Ein Denkanstoß: Bietet ein sogenannter Freistaat nicht noch eine Vielzahl von Optionen wie, eigene Grenzkontrollen, Kündigung des Länderfinanzausgleichs und und……Gott mit dir, du Land der Bayern!)
Klaus Schneider 03.02.2017