Was nun, was tun?

 

Nun ist das „theoretisch unmögliche“ als zynische Konsequenz des „praktisch undenkbaren“, eingetreten und im Osten von Europa tobt wieder ein Krieg. Die alte Weisheit, dass, wenn aus den Fehlern der Geschichte keine Lehren gezogen werden, diese sich wiederholen, bestätigt sich aufs Neue. Das Handeln von totalitären Regimen, gegen alle Menschenrechtskonventionen und jedem verbindlichen Völkerrecht, zu ignorieren, nur weil wirtschaftliche oder politische Interessen dies bedingen, ist die denkbar schlechteste Politik rechtsstaatlicher Demokratien. Das hatte seine Gültigkeit 1939 und ist bislang nicht widerlegt worden. Auch die Angst um die eigene Existenz als solche und als Laune der Geschichte noch in Wohlstand und Überfluss, besitzt keinen so bedeutenden Stellenwert, dass dafür die Bedingungen von Freiheit und Selbstbestimmung zur Disposition gestellt werden dürfen. Vor allen, da diese Freiheit und Selbstbestimmung ursächlich den aktuellen Wohlstand bedingt.

Das alles, was es zu bewahren und gegebenenfalls zu verteidigen gilt, ist auf den Ruinen Europas mit 60 Millionen Toten aufgebaut. Es war keinesfalls eine historische Selbstverständlichkeit, dass dies sich so entwickelt und noch weniger, dass es so lange Bestand hat. Die Umstände eines jeden beliebigen Zeitraumes sind flüchtig, werden sie nicht bewahrt, verändern sie sich, im positiven wie im negativen. Wenn nun die Beschaulichkeit, abgesehen von dem Zeitraum des Kalten Krieges, ihr Ende findet, so sollten die Europäer diese Herausforderung annehmen und sich ihr in Würde und Anstand stellen. Angst, Ignoranz und Dummheit führte vor 83 Jahren die Welt an den Abgrund. Diese Apokalypse abzuwenden, brachte unsägliches Leid über Europa und die Welt.
Die Lehre daraus sollte doch die sein, dass die Eigendynamik, einmal initiierter Gewalt, sich nur im Zeitraum ihrer Entstehung unter Kontrolle bringen lässt, und zwar dann, wenn konsequenter Widerstand eine unbeherrschbare Dynamik und Ausbreitung unterbindet. Opfer, in jeder Form, sind nicht zu vermeiden, doch der Teil, der in wirtschaftlichen Schäden – weniger Luxus und Wohlstand– zu verzeichnen ist, ist wohl am leichtesten zu verschmerzen. Es sollte auch bedacht werden, dass die Opfer, die eine Beseitigung aggressiver, inhumaner Machtpolitik immer fordert, sich exponentiell mit deren Dauer erhöht.
Europa, in seiner jetzigen demokratischen, rechtsstaatlichen und wirtschaftlich soliden Prägung, hat nur eine Chance zu überleben, wenn es den Staaten gemeinsam gelingt, sich gegen die imperialistischen Machtgelüste eines totalitären Regimes kompromisslos zur Wehr zu setzen. Das bedingt auch die kompromisslose Unterstützung der Ukraine, ohne dieses, teilweise schäbige Taktieren, um den Energielieferanten nicht zu sehr zu verärgern. Diese Unterstützung, in jeder denkbaren Form, ist alternativlos, oder kann jemand ernsthaft daran glauben, dass diese Aggression, dieser Machthunger eines Despoten, mit und nach diesem Krieg verschwindet und die heile, beschauliche Welt zurückkehrt? Es ist eines denkenden Menschen unwürdig, solchen naiven Illusionen nachzuhängen.

Klaus Schneider im März 2022

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