Vernunft und Verstand im Schatten der Gefühle

 

Ist der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen, die Vernunft als das höhere Vermögen verstanden, das den Verstand und die Gefühle in einer geistigen Reflexion als die Urteilskraft einer moralischen Instanz, eine Art verbindlichen „Anstand an sich“ zusammenfasst?
Nun, man weiß, dass das mit der Begabung oder dem Vermögen, „dem Talent zu etwas“, so eine Sache ist. Zum einen ist es nicht jedem Talent gegeben zu wirken, zum anderen konzentrieren sich Talente, Begabungen, dummerweise meist auf einige wenige, dem überwiegenden Rest stehen nur marginale Spuren davon zur Verfügung.
Nun, man könnte diesen Mangel mit einem brauchbaren Intellekt, oder Verstand kompensieren, der gewonnene Erkenntnis in nützliche Regeln des Lebens, besser des Überlebens fasst, in einer Art utilitaristischem Knigge. Doch leider, wie nicht anders zu erwarten, ist das auch mit dem Verstand so eine Sache. Auch diese Begabung konzentriert sich dummerweise auf einige wenige, dem überwiegenden Rest bleiben wieder nur marginale Spuren davon zur Verwendung.
Was steht dann dem verblödeten Haufen mutierter Menschenaffen letztendlich zum Gutbefinden ihrer Entscheidungen überhaupt noch zur Verfügung? Es sind die Urinstinkte, seit Menschengedenken als Gefühle mit diesen Wesen verbunden, wohl auch über die längste Zeit ihrer Geschichte probate Überlebensinstinkte, die aus ein paar wenigen, bedrohten Exemplaren, diese Milliardenanzahl entstehen ließ. Es wäre aber im Laufe der Entwicklung und Vermehrung der Menschheit eine dringende Aufgabe der Vernunft und des Verstandes gewesen, die den Urinstinkten anhängenden, sich in wohligen Umwelt- und Lebensbedingungen, zusehends pervertierenden Triebe, mit den sich permanent neu generierenden Erkenntnisse und Lebensbedingungen zu synchronisieren.
Nur wie sollte sich dies bewerkstelligen, wenn weder Vernunft noch Verstand ein mehrheitsfähiges Gemeingut repräsentieren? So bleibt reflektierend und analog als Prognose die Erkenntnis: Es war nie möglich und wird nie möglich sein, die Möglichkeiten gegebener wissenschaftlicher und allgemein geistiger Reife an die stupiden Denkstrukturen der Masse Mensch, in einem überschaubaren Zeitfenster, anzupassen. Was die Menschheit leben und entwickeln ließ, bzw. zukünftig unter günstigen Umständen noch eine begrenzte Zeit überleben lässt, ist weder Vernunft noch Verstand, es ist ordinäres, flüchtiges Glück, ein stupides „immer weiter so“, nicht mehr und nicht weniger.

Klaus Schneider im November 2023

Düstere Zukunft

Nachtgedanken
Heinrich Heine möge die dilettantisch verfremdete Anleihe verzeihen.

Denk ich an die Menschheit in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

Die Zeiten kommen und vergehen!
Von Vernunft war selten viel zu sehen,
Wie viele Jahre auch noch vergehen;
Danach wächst mein Verlangen und mein Sehnen.

Die Menschen, oft verflucht, doch mehr geliebt,
Bleiben das, was mir am Herzen liegt
Ich denke stets, was ihnen möglich wär,
Dies bleibt ein Traum, gleich einer frommen Mär.

Die Menschen können sich nicht achten,
Was schlichte Geister kaum vermissen und beachten
Eine solche Einfalt führt zu keinem guten Leben
Doch zur Dummheit wär noch Vernunft gegeben.

So hat die Menschheit kaum Bestand,
Besitzt kein gesundes Wesen, sie ist krank,
Träumt gern von Glück und Würde
Die Mühe macht’s ihnen schnell zur Bürde
Und vergessen ist der Traum von Glück und Würde.

Klaus Schneider, März 2022

Eine Krise und die engen Grenzen der Vernunft

 

Ein skurriles Szenario: Die Verantwortlichen eines Staates versuchen, eine Bedrohung in den Griff zu bekommen, die, sollte dies nicht gelingen, eine unvorstellbare soziale und wirtschaftliche Katastrophe nach sich ziehen würde. Eine, nicht geringe Anzahl der Bürger dieses Staates, setzt passiven Widerstand dagegen, nicht durch offenen Protest, nur dadurch sichtbar, dass die getroffenen Maßnahmen ohne große Wirkung verpuffen. Sie opponieren, in dem sie im privaten Bereich die, schon restriktiven, in einer Grauzone der Verfassung gelegenen Beschränkungen unterlaufen. Damit aber setzen sie ihre Gesundheit, ihr Leben, das ihrer Mitmenschen, ihren Wohlstand und ihre Zukunft aus Gründen aufs Spiel, die keiner rational begründeten Überlegung entstammen können.

Die Definition von Vernunft legt das ganze, prekäre Dilemma der denkenden Kreatur Mensch in einer solchen existenziellen Bedrohung offen: Denn Vernunft erwächst nur aus der möglichen, geistigen Anlage eines Menschen, Zusammenhänge und die Ordnung des Wahrgenommenen zu erkennen, daraus Einsichten für ein rationales Urteil zu gewinnen und das Handeln danach auszurichten. Das schränkt die Bandbreite eines möglichen, vernunftbegündeten Verhaltens erheblich ein.

Es ist auch nicht zutreffend, diesem passiv opponierenden Personenkreis, das intellektuelle Vermögen abzusprechen, vernunftbegründet handeln zu können, die nun in Anbetracht der gegebenen Situation, sich wider jeder lebenserhaltenden Ratio verhalten. Sicher tummeln sich eine veritable Anzahl Dummköpfe darunter, bei denen das geistige Potenzial lediglich zum Überleben, unter günstigen Bedingungen taugt, doch diese stellen nicht das Problem dar. Das Problem liegt in der irrigen Annahme, dass in der Vernunft die Beweggründe der Handlungsweisen der Menschen zu suchen ist, doch vor jeder Vernunft handelt der Mensch instinktiv, seinem Gefühl folgend, er handelt egozentrisch. Nur das, was er erkennt, was er mit zustimmendem Gefühl sich trägt, besitzt für ihn einen positiven Wert. Alles andere, und seien es noch so elementare Ereignisse, die das Empfinden nicht aktivieren, zu denen er keine merkliche Nähe spürt, mögen ihm zwar ein Unbehagen bereiten, doch solange sie das Befinden nicht direkt verschlechtern, ignoriert der Mensch missliche Umstände, soweit und solange ihm dies möglich ist.

Eine evidente Disposition der menschlichen Psyche, die zu unterschätzen ein fataler Fehler der politisch Verantwortlichen ist. Ein Bewusstsein für die derzeitige, höchst gefährliche Situation, in die Denkstrukturen der Menschen zu bringen, ist nur über die Einbeziehung ihres Gefühls möglich, da anzunehmen ist, dass die Vernunft nachrangigen Einfluss besitzt. Dieses Gefühl, das hier letztendlich eine konstante Wirkung verspricht, ist die Angst, die den Menschen seit Anbeginn seiner Existenz erhaltende Urangst um den Erhalt seines Lebens, seiner möglichen Zukunft, ein fundamentaler, lebenserhaltender Steuerungsmechanismus der Psyche. Erst wenn es gelingt, die Angst als Maxime des Verhaltens zu installieren, wird sich dieses ignorante Veralten zu den Risiken dieser Seuche ändern.

Klaus Schneider Januar 2021

 

 

Freiheit – Willkür und Corona

 

Es scheint in paradoxer Weise, gerade in dieser existenziellen Krise, dass ansonsten gefügige Bürgerseelen sich ihrer Freiheitsrechte zu erinnern und diese lautstark einfordern. Im Prinzip ein lobenswertes Begehren, ein Anliegen, das im Bann einer devoten Wachstumsgläubigkeit die letzten fünfzig – sechzig Jahre selten einen Ausdruck in Form einer dezidiert, kategorischen Forderung fand.

Warum gerade jetzt, wo die materielle und gesellschaftliche Teilhabe an den Freuden des Daseins, die Basis des Glaubens an ein immerwährendes Leben in Saus und Braus, das per Pedum mobile eines sich selbst erhaltenden Wachstums, kurz davor steht seine wundersamen Eigenschaften zu verlieren? Öffnet sich diesen Geistern, mit der Angst im Nacken alles das zu verlieren was ihnen ihr Leben lebenswert erscheinen lässt, nun der Blick für die schale Einfältigkeit ihres jahrzehntelangen Kniefalls vor jeder „systemrelevanten Einschränkung ihrer Rechte, oder sind sie einfach zu dumm diese, globale, existenzbedrohende Krisensituation in ihrem gesamten Ausmaß zu erfassen um die temporären Einschnitte in ihre trügerische, vermeintliche Freiheit zu akzeptieren, existenz- und Überlebens-sichernde Einschränkungen unter Begrenzung von lediglich sekundären Freiheitsrechten zu tolerieren?

Von was für einer Freiheit ist überhaupt die Rede, fordern diese Menschen ein? Sicher nicht von den Idealen die den Begriff Freiheit dem Wesen nach begründen und definieren. Freiheit ist das primäre Prinzip mit dem der Mensch, als ein sich selbst bewusstes Subjekt denken und handeln kann. Freiheit ist autonom, sie ist ein Anspruch an sich selbst, dass das, was man tut, nicht dadurch bestimmt ist, dass dies einem von einem anderen oder von irgendetwas anderem, vorgegeben ist, sondern seinen letzten Grund in einem selbst hat. Eine Handlung, die deswegen geschieht, weil diese Handlung gut und richtig ist. Das heißt, dass es nichts mit Freiheit zu tun hat, ob die Wahlmöglichkeit zwischen einer Maske zu tragen oder nicht besteht, ob diese Entscheidung auf freier Willensentscheidung beruht oder nicht. Sondern es geht vielmehr um Freiheit als die Fähigkeit, sich, sein Handeln, durch einen unbedingten Grund der Vernunft zu bestimmen. Dieser unbedingte Grund ist der Schlüssel zu der Freiheit, sich nach gebotener Vernunft frei zu entscheiden. Es existiert kein bedingter Grund, der eine Willensentscheidung beeinflusst, weder Angst noch die Sorge um Befindlichkeiten bedingen eine Ansicht der Dinge, sondern allein die Vernunft, bedingt ein allgemein verbindliches, richtiges Handeln. Die Vernunft, die nach dem kategorischen Imperativ von Kant ausgerichtet ist: „Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte“. Es ist bei den aktuellen Rufen nach Freiheit ein Freiheitsbegriff im Spiel der die Willkürfreiheit als Freiheit, bei der jeder das tun kann, was er tun möchte, postuliert. Eine Freiheit ohne Vernunft ist keine Freiheit, sie ist Willkür wider jeder praktischen Vernunft, ein Irrweg der in Chaos und Selbstzerstörung und letzten Endes zur Unfreiheit führt.

Klaus Schneider Oktober 2020

Wert der Vernunft.

 

Die menschliche Gemeinschaft zeigte einen eklatanten Makel auf, sie verführt die Menschen zu einer kritikreduzierten bis kritiklosen Opportunität, die im schlimmsten Fall in einem dümmlichen Stumpfsinn wider eigenen geistigen Interessen endet. Widersprüchlich dazu steht der kompromisslose Narzissmus, wenn Leib und Leben, dem persönlichen Wohlbefinden, seiner körperlichen Unversehrtheit oder in größerem Maß, einer möglichst langen Verweildauer der irdischen Existenz Gefahr droht. Die Menschen wissen letzten Endes weder was sie wollen, noch was sie tun. Vernunft, per definitionem, besitzt keinen allgemeingültigen, moralischen Stellenwert. Vernunft definiert sich im pragmatischen Handeln und ist durch keinen implizierten Anstand oder Moral gekennzeichnet. Sie realisiert sich aus den Eigeninteressen des Individuums.

Klaus Schneider Februar 2019

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